englischer Garten in Bendeleben
Blutbuchenstamm im englischen Garten in Bendeleben
Skulptur vor dem Panorama Museum Bad Frankenhausen
TV-Moderatorin und Kommunikationstrainerin Miriam Deforth ist seit Anfang 2018 Naturpark Kyffhäuser Botschafterin. In ihrem „Miris Kyffhäuser-Blog“ berichtet sie jeden Monat von ihren Erlebnissen und Abenteuern im Naturpark.
Miri's Kyffhäuser Blog wird unterstützt von hessnatur. Vielen Dank!
9. Juni 2019
So viele Glücklichmach-Angebote gibt es. Überall. Auf großen Werbeplakaten. In der TV- und Radiowerbung. Auf Social Media und per E-Mail. Wem ist es noch nicht aufgefallen?
In einer Zeit, in der uns Menschen scheinbar kaum noch Grenzen gesetzt sind, unser Leben so zu gestalten, wie wir es wünschen, gibt es doch offenbar so viele Suchende.
So viele Menschen antworten auf die Frage, wie glücklich sie gerade sind, so etwas wie:
Naja, könnte schlimmer sein.
Muss ja, ne?
Man kommt schon klar.
Oh weh, würde der wache Geist hier rufen. Und es stimmt: Viele Menschen leben ein Leben zwischen beruflichem Stress, familiären Herausforderungen, knapper Finanzsituation und ganz selten den Gedanken, die sie früher vielleicht öfter mal hatten… diese Gedanken, wie das Leben ihrer Träume vielleicht hätte aussehen können.
Und dann fühlen sie sich etwas wehmütig. Oder sogar stinkig. Denn schließlich sind es vermeintlich immer die „anderen“ Menschen oder die „anderen“ Umstände, die so schlecht und unberechenbar sind, dass die Traumerfüllung eben einfach nicht möglich erscheint. Schon lange nicht mehr.
Klar – das ist auch ein großer Markt. Wo Menschen hoffen dürfen, dass irgendeiner daher kommt und ihnen endlich Glück, Freude, Erfolg, Geld, einen Traumpartner verschafft, da passt ja auch das Muster: Ein anderer hat bisher verhindert, dass endlich alles gut ist – dann kann auch ein anderer dafür sorgen, dass es endlich doch gut wird.
Was möchte das denn jetzt bitte mit dem Naturpark Kyffhäuser zu tun haben, werden Sie sich als LeserIn dieses Blogposts zurecht fragen.
Ich komme aus zwei Gründen auf dieses Thema.
Erstens habe ich heute einen ausgiebigen Spaziergang mit unseren beiden Söhnen unternommen – direkt nach ihrer Zeugnisübergabe in der Schule. Wir dachten uns: Erst mal raus. In die Natur. Und dann hinein in die Ferien. Und wir streunerten durch die Niers-Auen im Rheinland – im Schatten uralter Bäume und umgeben von webendem Insektenvolk, einem Maulwurf, der uns tatsächlich bei Tagesicht zublinzelte und im kleinen See eines Schlösschens ein Schildkrötenpärchen zeigte, das wer auch immer dort ausgesetzt hat. Offenbar ging es den beiden Reptilien sehr gut. Sie aalten sich auf einem alten Baumstamm im Wasser in der sanften Sonne, die wir heute erleben durften.
Und mitten in dieses Idyll hinein dachte ich an den Sommer in meinem geliebten Kyffhäuser, der den an der Niers an Üppigkeit und Artenvielfalt um Längen überbietet.
Letztes Jahr durfte ich ihn zwei ganze Tage lang intensiv erfahren und genießen. Und die Erinnerung an dieses schöne Mittsommernachtserlebnis bringt mich zu dem Gedanken:
Fragt ein Baum eigentlich nach einem Coach, bevor er sich entscheidet zu erblühen? Oder nach einem Onlinemarketing Training, bevor er im Herbst sein Blattwerk los wird, um in ein neues Leben im nächsten Zyklus seines Daseins zu starten?
Ich lehne mich mit dieser Frage weeeeeiiiiit aus dem Fenster – denn ich bin selbst ein vielgebuchter Coach. Nein, eine Deutsche Eiche oder eine Blutbuche hat mich noch nie angerufen und mir ihr Leid geklagt. Sobald ein solcher Baum eine gewisse, erwachsene Größe erreicht hat, schlüpft er einfach pro Jahreszeit in sein schönstes Kleid und macht, was ein Baum macht: Genießerisch die Schönheit dieses Planeten unterstützen.
Glauben Sie mir, ich gehöre nicht zu der Art von Baum-Liebhabern, die nachts nackt Fichtenstämme umarmen. Ich unterstelle Bäumen auch keine menschlichen Züge. Nur – wer jetzt und beim Lesen dieses Posts gegenargumentieren möchte: „Bäume haben ja keine Seele!“ – VORSICHT. Wo fängt Seele an, und wo hört sie auf. Irgendwie scheint doch alles, was lebt, so eine Art Seele zu haben. Denn das Wort Seele haben wir Menschen ja für das lebendige Sein und das Erwachsen eines Organismus erfunden – oder irre ich mich.
So glaube ich nach wie vor, dass wir Menschen mit unserem auf der einen Seite so komplex scheinenden und auf der anderen Seite so einfach gestrickten Gehirn ab und zu an Grenzen stoßen können. Und ich befürworte, dass wir uns dann die Unterstützung von jenen Kollegen unserer Spezies finden, die zum Beispiel bereits eine Traumpartnerschaft leben. Oder erfolgreich ein Business führen. Oder diejenigen um Rat fragen, die einen glücklicheren Eindruck machen, als andere. Die gesunde Frage, die Sie an dieser Stelle von sich geben sollten, wäre: Wie machst Du es genau? Was ist Dein persönliches Geheimnis für diese Art von Erfolg, Glück, Freude, Gelassenheit?
Die Antworten sind oft sehr hilfreich. Und überraschend einfach.
Und anders und sanfter geht es auch:
Machen Sie sich endlich wieder „auf die Socken“. Laufen Sie los. Schauen Sie sich schöne Aussichten, dichte Naturwälder, herrliche Täler und wunderschöne Landschaften an. Bleiben Sie mal stehen! Betrachten Sie sich Details. Öffnen Sie Ihre Augen und Ihre Ohren und Ihr Herz für das, was da draußen alles – übrigens kostenlos – auf Sie wartet. Und wenn so eine alte Buche sprechen könnte… was würde Sie Ihnen in Ihrer Lebenssituation gerade zuraunen, würden Sie sie fragen.
Ich weiß, das liest sich schräg. Stellen Sie sich vor, Sie hören die Antwort einer Sommerlinde, während Sie in ihrem Schatten stehen, wie eine innere Stimme. Könnten Sie das zu Hause erzählen?
„Du, Schatz, ich habe mich doch die letzten Wochen oft gefragt, wie wir unsere Situation in der Familie verbessern könnten… die uralte Eiche im englischen Garten des Kyffhäusers am See hat mir heute einen Mega-Tipp gegeben.“
Es kann schon sein, dass Sie dann ungläubige Blicke ernten oder „erst mal ins Bett“ geschickt werden, damit Sie wieder zu sich kommen.
Und das wäre irgendwie egal, oder? Wenn der Tipp was taugt? Wenn Sie dadurch auf eine neue Idee gekommen wären? Oder einfach etwas zur Ruhe? Oder sie würden jetzt bei der Vorstellung schon ein wenig grinsen. (Grinsen ist übrigens auch ein tolles Selbstcoaching, das sei hier einfach mal angemerkt).
Ich glaube nicht, dass die Lösung aller Probleme, die sich Menschen im Leben so leisten, im Schatten einer Sommerlinde oder einer Blutbuche oder im Englischen Garten des Kyffhäusers verborgen liegen. Vielmehr glaube ich, dass uns die stabile Gelassenheit eines erfahrenen Baumes ein Zeichen sein möchte.
Deuten Sie es selbst. Lauschen Sie mal. Schauen Sie mal hin. Fühlen Sie mal, was Sie fühlen, wenn Sie im Schatten eines solchen Baumriesen kurz stehen bleiben.
Gerade dann, wenn Sie im Augenblick das Gefühl haben, dass es in Ihrem Leben ganz schon turbulent zugeht. Oder dass Sie das Opfer gleich mehrerer Umstände sind. Oder dass Sie an einer Grenze angelangt sind. Vielleicht ist es die Grenze eines neuen Lebensabschnitts. Oder etwas ganz anderes. Und vielleicht kommen Sie darauf, wenn Sie sich die gar nicht so schweigsame Ruhe einer Naturlandschaft wie dem Kyffhäuser aussetzen. Und einfach einmal lauschen.
Dann verstummen auf magische Weise die Stimmen der Nachrichtensprecher, der Werbeslogans, der Plakatwerbungen und die hundert kurzen, seltsamen Botschaften auf Instagram.
Dann lauschen Sie der Stimme dieses Planeten. Der uns und alles was lebt in so wundersamer Weise coacht.
Jeden Tag auf’s Neue.
Ich wünsche Ihnen schöne Ferien und einen traumhaft schönen Sommer. Mit viel Ruhe und den darin verborgenen Impulsen.
Ihre Miriam Deforth